Bayerns Sportvorstand Matthias Sammer hat die Medien stark kritisiert: Die Gerüchte über einen angeblichen Sehnenausriss bei Arjen Robben seien „komplett falsch“. Dabei scheint das Problem hausgemacht: Denn die Kommunikationspolitik des Rekordmeisters in dieser Saison ist eher dürftig – gerade bei Verletzungen. Aber: Warum gibt es von den Vereinen so unterschiedlich detaillierte Angaben über Verletzungen? fussballverletzungen.com hat nachgefragt.
Es gilt immer die ärztliche Schweigepflicht
So viel vornweg: Es gibt keinen festen Modus, wie Vereine bei Ausfällen vorgehen. „Verletzungen von Spielern sind stets Einzelfälle, die auch entsprechend behandelt werden müssen“, sagt Dirk Mesch, Pressesprecher von Bayer Leverkusen. Gleiches gilt in Hamburg: „Es handelt sich bei den Verletzten ja immer noch um Menschen“, betont die Pressestelle des HSV. Und das heißt: Auch ein Bundesligaspieler hat das Recht auf die ärztliche Schweigepflicht.
„Wir finden nicht, dass jede Verletzungs-Information detailliert in die Medien transportiert werden muss. Es handelt sich bei den Verletzten ja immer noch um Menschen.“ – Hamburger SV
Im Zweifel müssten die Vereine also gar nichts sagen. Doch so einfach ist es im Bundesligageschäft dann auch wieder nicht. „Bei der Absprache der Meldungen bemühen wir uns, einen Kompromiss zwischen den verschiedenen Interessengruppen zu finden, der auch das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit und der Medien einschließt“, sagt Tobias Sparwasser von Mainz 05.
Alex Jacob vom 1. FC Köln erklärt das übliche Vorgehen: „In der Regel entbindet der verletzte Spieler die Teamärzte von der Schweigepflicht, so dass der Verein bei Verletzungen entsprechend kommunizieren kann.“
Das Interesse der Öffentlichkeit kann die Ärzte auch unter Druck setzen
Doch warum gehen einige Vereine viel offener mit Verletzungen um als andere? Eine mögliche Antwort gibt es vom Hamburger SV: „Grundsätzlich finden wir, dass nicht jede Verletzungs-Information detailliert in die Medien transportiert werden muss“, heißt es im Statement des Clubs. „Denn das erschwert auch den Job der Ärzte und Physiotherapeuten, die immer mehr dazu genötigt werden, Verletzungen bis in die letzte Faser genau zu diagnostizieren und die genaue Ausfalldauer zu prognostizieren.“
Nichtsdestotrotz falle es den Medienvertretern natürlich auf, wenn ein Spieler im Training fehlt. Hier versuche der HSV manchmal zum Schutz der Mitarbeiter eine eher etwas allgemeine Formulierung zu finden.
Die Schnellebigkeit des Internets tut ihr Übriges
Und dann ist da ja noch dieses Internet: Das hat das Geschäft um einiges schneller gemacht – das kann ein Segen sein, aber oft auch ein Fluch. Denn die Erwartungshaltung nach einer Verletzung eines wichtigen Spielers steigt gerade in den sozialen Netzwerken schnell ins Unermessliche.
„Wir warten auf eine genaue Diagnose der medizinischen Abteilung, um Fehlinformationen zu vermeiden. Lieber dauert es ein paar Stunden mehr, bis wir kommunizieren.“ – Oliver Samwald, FC Ingolstadt
Einige Vereine sind deswegen besonders vorsichtig, was Diagnosen betrifft. Etwa der FC Ingolstadt: „Wir warten auf eine genaue Diagnose der medizinischen Abteilung, wenn nötig mit Kernspint oder weiterführenden Untersuchungen“, teilt FCI-Pressesprecher Oliver Samwald mit. Erst nach Rücksprache mit dem verletzten Spieler und der sportlichen Abteilung gebe es eine Auskunft für die Medien.
Jede mögliche Fehlinformationen solle so vermieden werden. „Lieber dauert es ein paar Stunden mehr, bis wir kommunizieren“, sagt Samwald. Sofern möglich, gebe der FC Ingolstadt dann aber sogar eine prognostizierte Ausfallzeit bekannt.
Kein Recht auf Auskunft
In einem Punkt sind sich aber fast alle einig: Eine Pflicht, bei Verletzungen die Medien zu informieren, gibt es nicht. „Wenn wir dennoch etwas bekannt geben, ist dies eher als ein Entgegenkommen zu betrachten“, sagt Dirk Mesch von Bayer Leverkusen. Ähnlich in Gladbach: „Wir kommunizieren gerade so viel, um über die Art der Verletzung und die Dauer des Ausfalls zu informieren“, teilt Medienchef Markus Aretz mit.
„Wenn wir etwas bekannt geben, dann ist dies eher als ein Entgegenkommen zu betrachten.“ – Dirk Mesch, Bayer Leverkusen
Als Grund dafür nennt auch Gladbach die ärztliche Schweigepflicht und den Schutz der Spieler. Andere Gründe, etwa das bewusste im Unklaren halten des Gegners vor wichtigen Spielen, spielen nach Angaben der Vereine keine Rolle.
Der FC Bayern, wie so oft Stein des Anstoßes, ist übrigens einer von fünf Vereinen (neben Dortmund, Berlin, Darmstadt und Bremen), die trotz mehrfacher Anfrage gar keine Rückmeldung gegeben haben. Womit zumindest das Rätsel um die seltsame Informationspolitik des Rekordmeisters erstmal weiterhin ungelöst bleibt.
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