Wir haben gesehen: Die Nationalität hat erst einmal keinen größeren Einfluss auf Verletzungen. Immer wieder werden allerdings die Startschwierigkeiten von Bundesliga-Neulingen zitiert. Vor allem Südamerikanern wird nachgesagt, dass sie beim Wechsel in die Bundesliga Eingewöhnungsschwierigkeiten aufgrund des Wetters, des höheren Tempos und der größeren Belastung hätten. Kurzum: Verletzungsanfälliger sind. Doch ist das wirklich so? Hier kommen die Daten aller ausländischen Spieler, die seit 2009 in die Bundesliga gewechselt sind:

Methodik

Die Grafik unterscheidet dabei zwei Typen von Wechseln: Nicht-Europäer, die in die Bundesliga wechseln, und Spieler aus europäischen Ländern (außer Deutschland natürlich), die in die Bundesliga wechseln. Spieler, die zwar einen ausländischen Pass haben, aber ihre komplette Jugend im deutschen Fußballsystem verbracht haben, werden nicht berücksichtigt.

In einem zweiten Schritt schauen wir, ob bei den Spielern im ersten Jahr nach ihrem Wechsel in die Bundesliga eine Verletzung aufgetreten ist, was für die „Akklimatisierungsproblem“-Theorie sprechen würde. Wir schauen dabei zum einen nach Verletzungen von mindestens 30 Tagen Pause und dann auch nochmal unter diesen Verletzungen nach denen, die sogar länger als 50 Tage Pause bedeutet haben.

Ergebnisse I: Nicht-Europäer, die nach Deutschland wechseln

Spieler mit einem nicht-europäischen Pass, die aus einer nicht-europäischen Liga (meistens im Heimatland) nach Deutschland wechseln, erleiden zu 22,6 Prozent im ersten Jahr nach dem Wechsel eine Verletzung, die sie mehr als 30 Tage ausknockt. 15,1 Prozent sogar eine Verletzung mit mehr als 50 Tagen Pause. Aber spricht das auch gleich für die Theorie, dass Spieler, die aus ihrem Heimatland kommen, durch die höhere Belastung verletzungsanfälliger sind?

Nicht unbedingt, denn schauen wir uns einmal an, wie die Zahlen bei Nichteuropäern sind, die über eine Zwischenstation (oder mehre Zwischenstationen) in Europa nach Deutschland kommen: Hier ist ein deutlich höherer Anteil im ersten Jahr verletzt (37,1% Verletzungen 30 Tage+, 19,1% Verletzungen 50 Tage+). Noch interessanter wird es, wenn man sich anschaut, aus welchen europäischen Ligen die Spieler wechseln. Denn schließlich könnte man sagen: Nicht-Europäer, die schon in einer der europäischen Top Ligen (Spanien, England, Italien, Frankreich) gespielt haben, sind eher an die Belastung der Bundesliga gewöhnt.

Doch das genaue Gegenteil ist der Fall: Bei den Spielern, die aus den Top-Ligen wechseln, sind sogar 40,6 Prozent innerhalb eines Jahres schwerer verletzt (also mindestens 30 Tage am Stück ausgefallen), bei den Spielern aus anderen europäischen Ligen nur 35,1 Prozent.

Ergebnisse II: Europäer, die nach Deutschland wechseln

Die Zahl der Europäer, die aus einer nicht-europäischen Liga nach Deutschland wechseln, ist so gering, dass sie statistisch gesehen wertlos ist. Deswegen nur der Blick auf Innereuropäische Wechsel.

Der Anteil der innerhalb eines Jahres schwerer verletzten Spieler aus einem europäischen Land, die in die Bundesliga wechseln, ist tatsächlich geringer als bei den Nicht-Europäern. Allerdings nur bei den Verletzungen mit mindestens 30 Tagen Pause (29,2%). Bei den schwereren Verletzungen (50 Tage +) ist der Anteil höher. Für beide, europäische wie nicht-europäische Ausländer, gilt aber: Der Anteil der Spieler, die aus Top-Ligen wechseln und sich innerhalb des ersten Jahres schwerer verletzen, ist höher.

Fazit

Klare Anhaltspunkte, dass Nicht-Europäer im ersten Jahr nach dem Wechsel in die Bundesliga öfter verletzt sind, gibt es nicht. Nichteuropäer, die aus einer nicht-europäischen Liga (meistens ihrem Heimatland) nach Deutschland wechseln, sind sogar deutlich seltener verletzt als Nicht-Europäer, die aus einer europäischen Zwischenstation nach Deutschland kommen oder europäische Ausländer, die nach Deutschland wechseln.

Die Ergebnisse sprechen aber auch nicht per se gegen die Theorie der „Akklimatisierungsprobleme“. Nur wirken sich diese vielleicht sogar positiv auf die Gesundheit des Spielers aus (wenn auch nicht auf seinen Marktwert): Kann sich ein Spieler nicht an Deutschland gewöhnen oder hat Fitnessdefizite, stimmen eventuell die Trainingsleistungen nicht, wodurch der Spieler deutlich seltener spielen wird als Neuzugänge aus etablierten europäischen Ligen. Doch bei einem Spieler, der nicht spielt, sinkt natürlich auch die Gefahr, sich überhaupt zu verletzen.